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Die Drei Zinnen – Drei Tage Wandern in den Dolomiten

Ob es für ein Unternehmen eine exakte Geburtsstunde gibt oder ob es viele kleine Faktoren sind, die sich wie ein Puzzle zusammenfügen: Ich weiß es nicht. Wenn es für den Onlineshop Wohlgeraten jemals so etwas wie eine Initialzündung gab, dann fand diese wohl hier statt: in der wunderbaren Umgebung der Sextener Dolomiten, an den Drei Zinnen in Südtirol.

c29c22887a28447680999b5e270b9cd2Es ist das Jahr 2008.  Wie das Leben so spielt, stehe ich in diesem Sommer vor der Entscheidung: entweder allein wandern zu gehen oder gar nicht. Nicht, dass es an Freunden oder Familie mangelt, aber es gibt Situationen, in denen man wissen möchte, ob Dinge nur in einer Gemeinschaft funktionieren oder ob man sie nach Lust und Laune auch alleine stemmen kann. Dazu gehört für mich eine Tour in die Berge inklusive abenteuerlicher Anreise, Tourplanung und Hüttenwanderung.

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Eine besondere Wanderung

Ich erinnere mich an meine Aufregung vor der Abreise und an die Genugtuung, alles im Rückblick betrachten zu können. Ich erinnere mich an den Moment, als ich das erste Mal den Gaskocher zusammenschraubte, um mir einen Kaffee im Freien zu kochen. An meine erste Nacht im Auto in den Bergen ohne Begleitung. Ich war so müde, an Angst war gar nicht zu denken und ich schlief sofort ein. Spannend war auch das Ankommen in Südtirol und das Vorbereiten der Wanderung: Wanderkarte kaufen, Rucksack packen, Hüttenschlafplätze reservieren. Heute kann ich sagen, es funktioniert.

Mit der Wanderung zu den Drei Zinnen verbinde ich viele aufregende Erinnerungen, die ich damals mit einem der ersten Handys eingefangen habe.

Ich glaube, diese Tage in den Dolomiten haben meine Liebe zu den Bergen verwandelt. Aus der romantischen Verklärung der Heidi-Bücher wurde die Gewissheit, dass jeder, der sich in dieses Abenteuer begibt, viel erhält, gleichzeitig einiges auf sich nehmen muss. Müdigkeit bis zur Erschöpfung, schnelle Wetterumschwünge und Einsamkeit.

Mir hat das Freude bereitet. Ich brach früh in den Morgenstunden auf und sah die Berge vor mir. Mit den folgenden Bildern möchte ich meine Wanderung beschreiben und schließlich erzähle ich, warum ich glaube, dass dies die Geburtsstunde von meinem später gegründeten Onlineshop Wohlgeraten war.

Über Innichen zu den Drei Zinnen

Die Wanderung beginnt am Fuße der Sextener Dolomiten, die über Innichen zu erreichen sind. Auf einer Schautafel kann man sich einen ersten Eindruck von der Ausdehnung des Wandergebiets und der Lage der Hütten machen.

Nahe der Fischleinbodenhütte starte ich in den frühen Morgenstunden auf dem Weg 103 Richtung Talschußhütte ( 1548 m) und Zigmondyhütte (1901m). Die Berge liegen vor mir und bei herrlichem Wetter steige ich auf. Hier ist auch mein erstes wirkliches „Selfie“ entstanden. Damals funktionierte das noch mit Selbstauslöser, denn das Telefon konnte man prima auf kleinen Felsvorsprüngen abstellen.

Auf der Zigmondyhütte habe ich meine erste Blase gelaufen und muss eine Pause einlegen. Von hier will ich weiter zur Büllejochhütte aufsteigen, um dort mein erstes Nachtquartier zu nehmen. Leider verfehle ich trotz genauer Wanderkarte eine Abzweigung und verlaufe mich in einem Schotterfeld. Ein Südtiroler, den ich treffe, hilft mir zum Glück weiter und wir wandern den Weg gemeinsam bis zur Büllejochhütte.

Hier oben werde ich erstmalig mit den schauerlichen Resten des ersten Weltkrieges konfrontiert. Die rostigen Zeitzeugen ragen immer wieder mahnend empor. Am späten Nachmittag komme ich in der Büllejochhütte (2528m) an. Die Büllejochhütte ist eine privat geführte Hütte, klein, urig und von Parkplatztouristen verschont. Schon bald wird es hier ruhig und nur noch die Übernachtungsgäste bleiben. Ich nehme mit den Hüttenbesuchern in unterschiedlichen Nationalitäten mein Abendessen ein, ein buntes und nettes Volk und genieße eine Sternschnuppen-Nacht der besonderen Art.

Da ich nur noch ein Notbett reservieren konnte, heißt es zu fortgeschrittener Stunde: Tische abräumen, alles herunterklappen und aus der Gaststube ein zweites Schlafquartier bauen. Es versteht sich von selbst, dass hier alle mit anpacken. Ich, die ich eigentlich Angst vor Hunden habe, schlafe müde von der Wanderung und frischen Bergluft glücklich neben dem Hüttenhund ein und neben dem kleinen Ofen, auf dem sich die Sitzkissen stapeln.

Der folgende Morgen beginnt früh. Ich verfolge das Morgengrauen durch das kleine Fenster der Hütte und bin froh noch ein wenig warm eingekuschelt hier liegen zu können. Der erste Kaffee auf der Hütte schmeckt viel besser als zuhause. Mit Speck und Eiern verschaffe ich mir eine kräftige Grundlage für die Wanderung der kommenden Stunden.

Gut informiert über meine nächste Tagesetappe breche ich mit den nötigsten Utensilien zu meiner Runde um die „Drei Zinnen“ auf. Den Rucksack deponiere ich in der Hütte, um ihn am Abend  auf dem Weg zur Zigmondyhütte wieder abzuholen.

Ein sonniger Tag und eine Dummheit

Es ist ein sonniger Morgen. Um kurz nach sieben bin ich fast ununterbrochen allein unterwegs. Ich mache ein weiteres „Selfie“, welches mich später viele Jahre als Profilbild in den Social Media Kanälen begleiten wird und dass mir im Laufe der Jahre den Spitznamen „bergfee“ einbringt.

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Ich wandere Richtung Auronzo-Hütte, um dann kurz vorher in Richtung der Drei Zinnen abzubiegen. Man hat mir gesagt, dass ich den Weg unter den Zinnen nehmen kann, ein Schotterfeld durchsteigen und dass auf der anderen Seite eine Alm wartet, auf der man frischen Joghurt essen kann. Das spornt mich an.

In dem Schotterfeld verliere ich jedoch trotz Steinmännchen die Orientierung und versteige mich komplett. Auf allen Vieren krabbele ich immer wieder nach oben und suche nach dem richtigen Weg, bis ich endlich dieses Stück hinter mir lasse und die Aussicht erneut genießen kann.

Ich hatte mir die Wanderung leichter vorgestellt. Das Verlaufen im Schotterfeld finde ich nicht lustig. Ohne Helm unter den Felsen entlangzulaufen, war im Nachhinein betrachtet eine riesige Dummheit und würde ich so niemandem empfehlen.

Trotzdem: mit dem Joghurt gestärkt, geht es nun durch eine Talsohle herunter und wieder hinauf zur Dreizinnenhütte, dem Refugio Antonia Locatelli .

Hier nicht schlafen zu müssen ist gut, denn die Hütte ist über und über mit Tagestouristen gefüllt. Lediglich der Ausblick auf die Drei Zinnen sieht aus wie in einem Werbe-Prospekt. Ich verschnaufe, muss aber bald weiter, da noch einige Höhenmeter vor mir liegen und ich am Abend die Zigmondyhütte erreicht haben muss.

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Müde, geschafft und spät komme ich in der Büllejochhütte an. Ich erinnere mich, dass ich meinen Rucksack mehr oder minder wortlos nahm. Als die Zigmondyhütte Kurve um Kurve nicht vor mir auftaucht, werde ich müde und schlafe am späten Nachmittag beinahe samt Rucksack auf einer Wiese ein. Seit 7.00 Uhr bin ich fast ununterbrochen gelaufen. Jetzt kann ich nicht mehr. Als ich die Zigmondyhütte erreiche, streife ich kurz die Wanderschuhe ab, lege mich komplett bekleidet auf mein Bett und schlafe auf der Stelle ein. Kurz vor Küchenschluß werde ich wach. Nun heißt es schnell sein: Den Kopf unter eiskaltem Wasser waschen (warmes Wasser gibt es nicht) und dann ab in die Hüttenstube.

Ein Tisch, voll besetzt mit italienischen Wanderern, ist der einzige, an dem noch ein freier Platz ist. Ich schaufle hungrig meine Käsenudeln und komme mit den Männern ins Gespräch. Sie sind amüsiert, als ich meine Geschichte erzähle und staunen, als ich mir als Schlaftrunk einen Enzian bestelle. Es ist ein lustiger Abend, der jedoch früh endet: Hüttenruhe!

Am nächsten Tag sind Wolken aufgezogen und es ist deutlich kühler. Ich bin froh, nur noch den Abstieg ins Tal vor mir zu haben.

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Hirschsalami, Käse und Südtiroler Schüttelbrot

Auf dem Weg ins Tal freue ich mich über meinen im Tal gekauften Proviant. Ich ziehe Hirschsalami, Käse und Schüttelbrot aus meinem Rucksack und mache es mir auf einer Wiese bequem. Die Vesper schmeckt hier besser, als irgendwo anders auf der Welt. Ihre Einfachheit begeistert mich. Dieses Gefühl, nicht viel dabei haben zu müssen, außer einer Brotzeit, einem Taschenmesser und dem Willen, etwas zu schaffen, hat mein späteres Handeln geprägt. Wann immer ich mich beruflich neu ausgerichtet habe, habe ich daran gedacht und mein Handeln hinterfragt.

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Jahre später kehrte ich noch einmal zu den Drei Zinnen zurück. Inzwischen hatte ich mir mit meinem Onlineshop ein kleines Unternehmen aufgebaut. Außerdem hatte ich mein erstes Blog gegründet. Die folgenden Bilder sind auf dieser Wanderung entstanden.

Eine Reise nach Südtirol kann ich jedem empfehlen. Auch eine Hüttenwanderung. Probiert es aus.


Eine Reservierung des Nachtquartiers empfehle ich unbedingt. Im Blog Wandern in Südtirol findet ihr nützliche Hinweise. Die einzelnen Hütten sind im Artikel verlinkt.

Wer sich für Gescheite interessiert und einen Film sehen will, der sich mit der Thematik des ersten Weltkriegs in dieser Region auseinandersetzt, schaut Ernst Gossner – „Der Stille Berg“  Viele Szenen spielen in dieser Region.


Nützliches für unterwegs von wohlgeraten

wollsocken-steiner-1888 original-knickerbookerl-notizbuch Opinel Nr. 7 Buchsbaumholzgriff Herzen

Tipps zur Anreise nach Südtirol

Wer mit dem Pkw nach Südtirol bzw. speziell in die Dolomiten anreist, wird vielfach die Brenner-Autobahn nicht umgehen können. Eine ruhigere Alternative für Reisende mit etwas mehr Zeit ist die alte Landstraße über den Brenner.  Aber wie gesagt: etwas mehr Zeit sollte man sich hierfür einplanen.   Wer  über Osttirol anreist, kann über den Felbertauerntunnel fahren und dann ab Lienz Richtung Innichen abbiegen.   – Eine landschaftlich schöne, aber mit mehr Zeit und Gebühren verbundene Route  wäre die etwas östlicher liegende Großglockner-Hochalpenstraße. Ein Weg  für Freunde von Serpentinen und Panorama.

Der Reschenpass ist landschaftlich sehr schön, mit vielfältiger Verlockung zum anhalten, liegt aber für eine Reise in die Dolomiten eher ungünstig. Die lange Fahrzeit durch Vinschgau ins Meraner Land sollte man nicht unterschätzen.

Wer umweltfreundliche reisen möchte, findet geeignete Anreisemöglichkeiten mit Bus und Bahn auf der offiziellen Südtirol-Seite  http://www.suedtirol.info/ oder hier: Mit der Bahn nach Bozen http://www.suedtirols-sueden.info/de/

In zahlreichen Regionen Südtirols kann man sich gut und bequem mit öffentlichen Verkehrsmitteln und mit Fahrrädern bewegen.

Vorschläge für Übernachtungen findet man zum Beispiel unter den Bauernhöfen die sich dem Verbund Roter Hahn angeschlossen haben. Außerdem gibt es wunderschöne Hotels und Ferienappartments in der gesamten Region 

Natürlich gehen auch andere um die Drei Zinnen wandern. Zum Beispiel Georg Deflorian vom Blog SüdSehnSucht.

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Charis
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23 Kommentare zu “Die Drei Zinnen – Drei Tage Wandern in den Dolomiten

  1. Toller Blogpost! Wir wollen im Oktober in die Dolomiten und spätestens nach diesem Beitrag können wir es kaum erwarten.

    Liebe Grüße
    Christian und Vicky

  2. Tolle Fotos. Man kann verstehen, dass das besondere Momente für Dich waren.
    Ich habe leider noch nie eine echte Wanderung in den Bergen gemacht.
    Beneide Dich.

  3. Yvonne Prager

    Wer ein traumhaftes Spa Hotel in Südtirol sucht wird hier sicher sein Traumhotel finden

  4. […] Und hier geht’s zum Artikel über die Mehrtagestour rund um die Drei Zinnen. […]

  5. Super schöne Bilder, da werde ich auch gleich wieder wehmütig! War letztes Jahr in Seis am Schlern, das war auch super schön!

  6. Einfach toll!
    LG aus dem Familienhotel Obereggen

  7. Liebe Charis, dein Bericht ist wirklich sehr interessant und auch inspirierend, danke dafür! Ich weiß nicht, ob ich mich als Frau alleine an eine Hüttenwanderung herantrauen würde… Aber deine guten Erfahrungen machen auf jeden Fall Mut! Schön, dass ein eigentlich so simples Erlebnis einen Menschen so positiv prägen kann. Alles Liebe für die Zukunft! Sarah :)

  8. Hallo! Danke für diesen tollen Bericht. Alleine wandern zu gehen würde ich jetzt auch total gerne machen. Die Fotos sind super. Lg

  9. Alleine wandern ist auch schon länger ein Punkt, den ich auf meiner „unbedingt-noch-machen-wollen-Liste“ gerne mal angehen würde. Einfach mal zu sich selbst finden. Im Sommer bin ich aber erstmal mit meiner Familie im Hotel Welschnofen. Da werden wir auf alle Fälle auch ganz viel wandern in atemberaubender Landschaft. Ich freu mich schon so!

  10. Dein Bericht ist sehr emotional und auf gleiche Weise interessant. Es ist schön zu lesen was du erlebt hast und was du dabei empfunden hast. Wirklich sehr schön!

    Liebe Grüße aus dem Hotel Obereggen

  11. Dein Bericht ist sehr emotional und auf gleiche Weise interessant. Es ist schön zu lesen was du erlebt hast und was du dabei empfunden hast. Wirklich sehr schön!

    Liebe Grüße

  12. Hey, wirklich ein toller Bericht mit vielen tollen Fotos :) Wir fahren nächstens zum Urlaub im Eisacktal :)

  13. Einsamkeit – ein Wort, das immer so negativ benutzt wird. Dabei kann sie auch mal sehr befreiend und schön sein. Das liest man aus deinem Text auch sehr schön heraus. Ich finde es toll, wie viel Spaß du bei diesem Abenteuer hattest. Und freue mich auf meine nächste Wanderung im Jochtal.

  14. Wandern ist einfach wundervoll. An so eine große Tour habe ich mich noch nicht gewagt. Meine erste Annährung an die Dolomiten war in diesem Sommer im Hotel Arvina Es ist eins der schönsten Seiser Alm Hotels(www.hotelarvina.com). Von dort aus habe ich wandernd das Umland erkundet, für den Anfang gar nicht so schlecht, denke ich.

  15. norbert

    Hut ab …sso ganz allein aber nicht so gefährlich wie in NY nachts U-Bahn zu fahren. Falls du mal wieder eine smal Tour für Untrainierte machst, ich bin dabei ;-)
    Die Berge haben was…
    Norbert Berlin

  16. Liebe Charis, das ist eine wunderschöne Geschichte! Da geht mir das Herz auf! Die Drei Zinnen stehen auch auf meinem Wanderwunschzettel. Und mit dabei sein werden die Steiner Socken, das Opinelmesser und die Freude, dass es Dich und wohlgeraten gibt.

  17. Wen’s da nicht in den Füßen pfupfert, der kann einem leid tun.

  18. Roland

    Liebe Charis! Wie so oft habe ich gerade Deinen Artikel gelesen und ich war zugegeben sehr neugierig, was Dich zu Deinem schönen Projekt „wohlgeraten“ geführt hat. Du hast ein echtes Talent, Menschen in Deine Welt zu führen! Mit Worten und Bildern! Das finde ich überaus beeindruckend! Und schön! Man hat unwillkürlich Lust, Deinen Spuren zu folgen und Ähnliches zu erleben. Mach einfach weiter so und geh Deinen Weg, Du tust das, was Du tun solltest!

  19. Corinna Outdoormädchen

    Liebe Charis,

    was für ein schöner und herzlicher Bericht! Ich kann absolut nachvollziehen, was die Berge in Dir ausgelöst haben und es immer noch tun!
    Als Bergfee habe ich Dich auch kennengelernt – Deine Sprüche sind einfach der Hammer! Bitte mehr!

    Einen schönen Abend Dir noch und einen lieben Gruß,
    Corinna

  20. Matthias M. Meringer

    Einsamkeit ist herrlich. Niemand lenkt dich ab und quatscht dich voll. Nur du und deine Gedanken. Und wenn es noch so anstrengend ist: Das Gefühl, es geschafft zu haben, ist unbezahlbar. Und dann noch in der sensationellen Landschaft – toll.

    Du hast das sehr anschaulich beschrieben. Schön.

  21. Sehr interessanter Bericht und so spannend geschrieben. Bin ganz begeistert.

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